9.30, Türklingeln, Lea (eingeladen, ergo angekündigt) steht
mit frischem Brot vor der Tür. Es wird geschlemmt, gequatscht, und in
Ermangelung besserer Alternativen Instantkaffee getrunken.
9.45, Türklingeln, Metin (bald Mitbewohner, hatte versucht
anzurufen, ergo quasi angekündigt) steht vor der Tür. Er kriegt einen
Instantkaffee und erzählt fröhlich, dass in 15min der Vermieter kommt, um Dinge
zu regeln, und wir dafür dann alle zusammen zum Notar marschieren müssen. Wir
nehmen zur Kenntnis und schlemmen schneller.
10.10, noch immer kein Türklingeln, Vermieter verschiebt
Treffen auf Nachmittag, Metin wäscht seine Tasse ab und geht wieder.
11.00, wildes Klopfen an der Tür, Polizeibeamter steht
(natürlich unangekündigt) da und möchte gerne einen Zensus durchführen. Er darf
reinkommen und will eine ganze Weile nicht verstehen, dass ich für sowas echt
gar nicht verantwortlich bin, mein Name steht nicht mal im Mietvertrag,
offiziell existiere ich in dieser Wohnung (oder diesem Land) gar nicht. Ich
verweise ihn an meinen Mitbewohner, der leider grade im Urlaub in Iran ist.
Weil er aber schon mal da ist, quatschen der Polizeibeamte und ich noch ein
bisschen. Er quatscht, er fragt, ich lüge fröhlich herum und gebe nutzlose Antworten,
man weiß ja nie, und die Staatsmacht zu verwirren halte ich im Zweifelsfall für
die beste Verteidigung. Nachdem wir neben meinem Geburtstort, meiner Tätigkeit,
und allerlei offiziellem Kram auch das Problem, dass ich mit 23 noch ehemann-
und kinderlos bin, evaluiert haben, sitzt er weiter fröhlich und bequem im
Sessel rum und es dauert eine Weile, bis ich ihn heraus komplimentiert habe.
(„Haben Sie eigentlich noch Fragen? Nein? Na dann!“)
14.00, Telefonklingeln: „Nora, bist du das?“ „Ja, Herr
Vermieter, ich bin’s!“ „Meine Frau wartet auf dich, beim Notar, schnell!“
Entschuldigung, dass ich das bei unserer Gedankenübertragung nicht verstanden
habe, sagen Sie mir doch das nächste Mal einfach telefonisch – vorher! – Bescheid, dass ich Ihre Frau irgendwo treffen
soll. Marschiere zum Notar, regele wichtige Dinge, nehme die Frau auf dem
Rückweg mit, weil sie noch „etwas erledigen“ möchte in unserer Wohnung. Nun
gut.
15.00, unsere Wohnung: Leider sind sowohl ich als auch die
Frau zu klein, um das riesige Landschaftsgemälde, das sie aus unserem
Wohnzimmer mitnehmen möchte, von der Wand zu nehmen. Wie schade. Ich kann nicht
behaupten, dass das Gemälde besonders meinem Kunstgeschmack entspräche oder
dass ich eine sehr starke emotionale Bindung dazu aufgebaut habe, aber die
weißen Stellen an der Wand häufen sich nun mal und das sieht nicht schön aus!
15.15, Türklingeln, der Vermieter steht vor der Tür, grüßt
wie immer freundlich, geht an mir vorbei in die Wohnung, streckt sich, hängt
das Landschaftsgemälde ab, winkt noch einmal fröhlich in die Runde und geht.
„War das unser Vermieter?“ fragt meine Mitbewohnerin, die seit 6 Monaten hier
wohnt. Schön, dass die beiden sich jetzt auch mal gesehen haben, wo sie doch
schon in drei Tagen abreist!
15.30, Türklingeln, die Georgischlehrerin kommt und gibt
sich wie immer größte Mühe, mir etwas beizubringen.
18.00, Türklingeln, der neue Mitbewohner kommt, um wichtige
geregelte Dinge abzuholen.
Wie wäre dieser Tag nur verlaufen, wenn ich nicht ein
lotteriger Student wäre und den ganzen Tag zu Hause chillen würde?