Mittwoch, 25. Juli 2012

Durchs wilde Kurdistan

Schon wieder gab es länger nichts zu lesen und wie immer ist trotzdem viel passiert.

Es ist irgendwie Wahnsinn, aber tatsächlich ist es jetzt schon Ende Juli, was bedeutet, dass ich nur noch eine Woche in Georgien habe (und es ist nicht einfach für mich, das schwarz auf weiß zu lesen!).

Einerseits will ich meine verbliebenen Tage natürlich so intensiv wie möglich nutzen, andererseits haben wir mindestens 35 Grad und das hindert mich an allzu großer Aktivität. Außerdem wollte ich schon seit Längerem etwas über meinen Türkeiurlaub schreiben und in der Wohnung ist es gerade noch am besten auszuhalten, also werde ich das jetzt mal machen.

Vor ein paar Monaten haben meine Mitbewohnerin Lara und ich uns überlegt, im Juli in den Iran zu fahren. Vor ein paar Wochen (am Tag, bevor wir uns das Visum kaufen wollten) haben wir uns überlegt, dass wir vielleicht doch nicht bei vierzig Grad vollverschleiert durch die Wüste schleichen wollen. Also haben wir kurz überlegt und uns dann doch lieber für die Türkei entschieden. Mit dem „Lonely Planet“ planen wir ein bisschen vor, heben ein paar viele Türkische Lira ab und brechen Anfang Juli mit vollgepacktem Rucksack auf. Unser genaues Ziel: Über den Südwesten Georgiens nach Nordostanatolien, dann soweit runter, wie wir es in einer Woche schaffen, und letztendlich zurück nach Tbilisi.
Leider ist das Minibusfahren in der Türkei unerwartet teuer, sodass wir es nicht besonders weit runter schaffen, ohne unser Budget vollkommen auszureizen. 

unsere Route, entlang der armenischen Grenze
In der Türkei genießen wir es, mal wieder etwas anderes zu essen als in Georgien, wir radebrechen ein bisschen vor uns hin, genießen Sesambrot und Cay (Tee), außerdem gönnen wir uns natürlich eine Ladung Baklawa. Die ganze Zeit jedoch sind wir ein wenig angespannt. Zwei alleinreisende Frauen im äußersten Osten der Türkei. Das mag gefährlich klingen, doch wir haben eine ganz andere Erfahrung gemacht. Alle Türken, die uns alleine (noch dazu ohne Kopftuch und mit „bloßen Beinen“) rumspazieren sahen, verfielen in große Sorge um uns und überschütteten uns mit Fürsorge – die wir wirklich nicht brauchten. Es ist schwierig, das zu beschreiben, da ja alles nur nett gemeint war, aber ich verdeutliche das mal mit einer kleinen Episode:
Wir fahren mit dem Minibus von Dogumayazit nach Igdir, wo wir uns kurz die Stadt anschauen und dann weiter nach Kars fahren möchten. In Igdir angekommen fragen wir nach dem Weg zu einem Reisebüro, wo wir die Busfahrkarten kaufen können. Eine jüngerer Mann bietet uns an, uns dort hin zu bringen, da auch er nach Kars möchte. Wir gehen mit ihm mit und erreichen bald das Reisebüro, wo wir erfahren, dass in wenigen Minuten ein Bus fährt und der nächste erst in zwei Stunden (14 Uhr). Wir entscheiden uns für den letzteren und kaufen die Tickets. Zufällig beobachten wir, wie sich der Mann, der uns hergebracht hat, unverzüglich sein Ticket von 12 auf 14 Uhr umschreiben lässt, offenbar, weil er nicht möchte, dass wir allein in Igdir warten müssen. Weil er uns aber schon auf dem Weg zum Reisebüro nicht zu sagen hatte (obwohl sein Englisch für diese Region ungewohnt gut ist), haben wir an seiner Gesellschaft kein Interesse und flüchten so wortwörtlich in die kleineren Gassen der Stadt, wo wir ganz in Ruhe Tee trinken und Karten spielen können. Nach zwei Stunden kehren wir zurück, der Mann steht zu Tode gelangweilt rauchend in einer Ecke und macht ganz den Eindruck, als hätte er auch die letzten zwei Stunden nichts anderes getan. Er sah es wohl als seine Pflicht an, war dann aber nicht in der Lage, uns das mitzuteilen und hat nun zwei Stunden aus übertriebener Freundlichkeit und auch übertriebener Angst vor seinen eigenen Landsmännern verschwendet.
Im selben Ort treffen wir einen jungen deutschen Türken (eigentlich Berliner), der uns eindringlich vor allen Türken warnt.
Wie gesagt, wir haben von allen Seiten nur Freundlichkeit erfahren, aber genau diese Freundlichkeit wirkt einengend und erdrückend, man versucht, mit niemandem ins Gespräch zu kommen, um niemanden dazu zu „zwingen“, dass er sich unser annehmen muss.

Es war ein schöner Urlaub, die Landschaften dort sind unglaublich schön, weit, wild, einsam. Wir haben interessante andere Reisende getroffen, haben uns mit Einheimischen unterhalten und einfach einen Teil der Türkei bereist, der noch sehr unerschlossen ist.
Trotzdem waren wir unglaublich froh, wieder zurück in Tbilisi zu sein, wo die Frauen genauso ins Straßenbild gehören wie die Männer, wo Frauen jeden Alters ohne Kopftuch und in luftigen und oft auch kurzen Sommerkleidern herumlaufen, wo man Fremden gegenüber freundlich und interessiert aber nicht zu bemutternd ist.

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