Sonntag, 3. Juni 2012

Mai Part II - der Tag des Sieges

Der Tag des Sieges (9.Mai) 
Diesen Tag kündigte mir meine Mentorin Anfang des Halbjahrs als freien Tag an. Tag des Sieges. Hm. Hä?
"Du, Eka, Tag des Sieges, wer denn über wen?""Naja, Nora, wir über euch!""Na dann, herzlichen Glückwunsch!"

Dieses Gespräch führte ich mit einer Kollegin. Wir fanden das beide eher lustig, was mir später aufgefallen ist:
-Warum feiern wir in Deutschland diesen Tag eigentlich nicht?
Manche Georgier wollten nicht so Recht mit der Sprache hinaus, aber viele waren neugierig, ob wir nicht traurig sind, wegen des Tags der Niederlage (aus deutscher Sicht). Das ist dann wieder mal eine Situation, wo ich für ein "wir" antworten muss, das viel zu riesig ist: die Deutschen. Oder zumindest doch: die deutschen Jugendlichen. "Glauben die deutschen Jugendlichen an Gott? Was hören die deutschen Jugendlichen für Musik? ..." Dann ist Diplomatie angesagt und Diplomatie ist nun wirklich nicht meine Stärke. "Viele deutsche Jugendliche interessieren sich nicht für Gott. Die deutschen Jugendlichen hören ganz unterschiedliche Musik, so wir die georgischen Jugendlichen auch. Nein, wir sind nicht traurig. Dieser Tag bedeutet den deutschen Jugendlichen nichts und über den Sieg der anderen sind wir eher dankbar." 
-"Wir über euch!"
Wir, das sind die Georgier und ihr, das sind die Deutschen. Wann genau war nochmal der deutsch-georgische Krieg? Das sind die Momente in denen man bemerkt, dass meine Kolleginnen (um die 30) in einer Zeit der Besatzung durch die Sowjetunion aufgewachsen sind.

Doch ist nicht nur die Sowjetunion sehr gut in Propaganda. Eben diese Lehrerin zeigte mir am Monat davor (am 9.April, dem Tag der Nationalen Einheit) Bilder aus dem Geschichtsbuch der 5.Klässler. 
Meine Geschichtsbücher habe ich als anschaulich gestaltet in Erinnerung: Viele Quellen, ein paar Bilder, wenige Fakten, eine vielseitige und dadurch annähernd objektive Darstellung der Vergangenheit, dabei nicht zu schwer - weder in Gewicht noch in Layout. Ein georgisches Geschichtsbuch erinnert mich an einen dicken Abenteuerroman (5cm dick, DinA5) mit grausamen Bildern. Ein Tatsachenbericht aus georgischer Sicht und da Georgien wirklich viel unter Besatzungen leiden musste, gibts da auch wirklich viel Schreckliches zu berichten.
Aber ob die "Nationale Einheit" wirklich dadurch gestärkt wird, dass man 11jährigen Kindern abartige Bilder von Leichen zeigt?
Ich weiß nicht genau, wann ich zum ersten Mal die bekannten Fotos aus den KZs gesehen habe...

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Dieser Tag war jedenfalls frei und mitten in der Woche. Es gibt da ein bisschen Programm: Die Veteranen werden in einen großen Park in der Stadt gebracht (einmal im Jahr kümmert der Staat sich um die, die sonst bettelnd am Rand sitzen), dort gibt es einen sehr großen Springbrunnen, der nur einmal im Jahr zu diesem Anlass spritzt und springt. Alles in allem verwundern mich die georgischen Feiertage und deren Zelebrierung einfach immer ein bisschen...

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