Dienstag, 3. April 2012

"Hier siehts ja aus wie in Kuba!" - Rustawi

Ich mag Fotos, aber ich mache nur selten welche. Es gibt Menschen, die können das, die haben ein gutes Auge und eine gute Kamera. Ich habe ein Auge, das bei Führerscheinsehtest durchgefallen ist (zweimal, übrigens) und eine okay-e Samsung-Digicam. Stört mich auch nicht weiter (beides nicht), aber das macht es ein bisschen schwierig, unseren Ausflug nach Rustawi zu beschreiben, eben weil ich keine Bilder habe.
Rustawi ist eine Stadt, die ein bisschen unbeschreiblich und (deswegen) sehr unbeschrieben ist. Der „Reise Know-how“-Reiseführer erwähnt sie, allerdings nur als Punkt auf der Karte. Der englische Reiseführer, den ich habe, erwähnt sie – als Zwischenstation auf dem Weg nach Gardabani, der letzten Stadt vor Aserbaidschan. Aber immerhin steht dort auch, dass es „frequent trains“ gibt und natürlich auch Marschrutkas. Mara (Freiwillige) erwähnte sie, weil dort letztes Wochenende die „Moving Gallery“ stattfand.
Und ich erwähnte sie letzten Sonntag, sobald Lara und Adriana annähernd ausgeschlafen waren, weil ich mit ihnen genau da hin wollte.
Adriana macht dasselbe Programm wie ich, allerdings in Weißrussland, wir kennen sie von den Seminaren und sie ist gerade für zehn Tage hier im Urlaub. Lara war in Istanbul für ein paar Tage und so kamen sie praktischerweise zusammen an (unpraktischerweise mitten in der Nacht und ohne Schlüssel und Handy, aber das ist eine andere Geschichte).
Am Nachmittag wollen wir dann also auf nach Rustawi. Wegen des Hinweises im Reiseführer fahren wir zum Bahnhof, um einen der „frequent trains“ zu nehmen. Ganz so frequent sind die aber doch nicht: Es gibt morgens und abends einen, es ist nur dummerweise Nachmittag. Also gehen wir weiter zum Stadion, wo angeblich Marschrutka abfahren. Und tatsächlich, mit ein bisschen durchfragen klappt das alles, jetzt müssen wir nur noch einen Platz kriegen. Die Georgier sind ja wahnsinnig gastfreundlich. Wenn es um Plätze in der Marschrutka geht, hört der Spaß aber auf! Erst in der zweiten schaffen wir es, uns einen Platz zu erkämpfen. Nach etwa einer dreiviertel Stunde kommen wir an.

Ein großer, recht neuer Platz, ein riesiges schönes Rathaus, Flaggen, moderne Statuen.
Ein großer, etwas vertrockneter Park, verfallen Bänke, bröckelige Wege.
Große, breite Straßen mit hohen Häusern in bunten, jedoch verblassten Farben.

Lara und ich waren ja nun schon in einigen georgischen Städten, aber Rustawi ist irgendwie anders. Die Stadt ist sehr ruhig, wirkt verlassen. Auf den Straßen sieht man fast nur Männer, niemand macht irgendetwas, alle stehen irgendwie nur herum. Und gucken, natürlich, denn wir sind die einzigen Menschen mit hellen Haaren.
Weil wir nicht wissen, wo die „Moving Gallery“ ist (nicht, dass wir wüssten, was es überhaupt ist), machen wir uns zunächst auf die Suche nach einem Restaurant, was seltsamerweise sehr schwierig ist. Normalerweise gibt es überall in Georgien viele Restaurants, hier nicht. Letztendlich fragen wir uns durch und landen in einem recht guten Restaurant, wo wir Adriana erst mal die Raffinessen der georgischen Küche näherbringen. Währenddessen versuche ich verzweifelt, Mara zu erreichen, um herauszufinden, wo die Veranstaltung ist. Irgendwann klappt das auch und wir machen uns auf den Weg. Nachdem wir uns zig Mal verlaufen haben, fragen wir Passanten – zufällig sind sie Hauptorganisatoren der „Moving Gallery“ und wissen natürlich, wo das ist. Nicht nur das, sie besorgen uns auch noch gleich einen Fahrer.
So kommen wir abends bei der „Moving Gallery“ an. Hierbei handelt es sich, wenn ich das richtig verstanden habe, um ein Projekt von EVS-Freiwilligen, von denen es wohl einige in Rustawi gibt. Dieses findet in einem alten Theater statt. Überall hängen (Laien-)Fotos und Bilder, es gibt kleinere Aktionen und schließlich eine artistische Bühnenaufführung. Leider kommen wir so spät, dass wir einen Großteil der Aktion verpasst haben. Im Wesentlich ging es dabei jedoch darum, die Jugendlichen vor Ort kreativ zu animieren, etwas zu tun. die Atmosphäre war super, ein schönes Ambiente, echt gute Darbietungen, teils wirklich gut Bilder.
Am Ende fängt dann noch eine Band an zu spielen, von der wir uns jedoch nur die ersten paar Stücke anhören können, weil wir nicht ganz sicher sind, wann die letzte Marschrutka nach Tbilisi fährt.
Mit einem letzten Blick auf diese blasse, breite, verlassene Stadt machen wir uns also auf den Weg zurück, sind uns aber sicher, dass wir auf jeden Fall nochmal hinfahren werden, Rustawi ist super!

Ich glaube, dass viel von unserer Begeisterung auch daher kam, dass wir einfach keinerlei Idee hatten, was uns in Rustawi und der "Moving Gallery" erwarten würde - so konnten wir ja nur positiv überrascht werden. Ich bin jetzt also offiziell Fan von Reisen zu Orten, über die man nichts weiß. Deswegen haben wir das gleiche dieses Wochenende schon wieder gemacht, aber dazu später mehr!

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