Sonntag, 29. Januar 2012

Es geht weiter!

Die erste Woche "Arbeit" in 2012 ist vorbei. Einige stehen bevor, offiziell beginnen die nächsten Ferien erst Mitte Juni. Tatsächlich sieht es jedoch etwas anders aus.
Für einige meiner Schülerinnen - sechs, um genau zu sein - gibt es von März bis Mai zumindest Ferien von der georgischen Schule: In zwei Wochen fliegt die erste nach Deutschland, Anfang März folgen die anderen fünf. Mein "Langzeitprojekt", ein Schüleraustausch, geht also gut voran.
Für mich stehen die nächsten Mini-Ferien auch schon Ende Februar an: Das Alumni-Treffen vom DNJF in Oslo, wofür ich ein paar Tage frei bekomme.
Eine Freundin fragte mich vor kurzem noch "Are you ever in Georgia?". Yes, I am. Und ich bin mir sicher, dass ich mich, wenn ich aus Oslo wiederkomme, freuen werde, wieder zu Hause zu sein.

Dienstag, 24. Januar 2012

Zwei Bretter, Nora, Schnee

Skifahren in Bakuriani, 19.-21. Januar
Tag 1: Aufbruch, morgens um 8. Packe alles, was mir annähernd wärmend erscheint, in den viel zu großen Rucksack. Auch den Fön. Die anderen kommen, der Weinvorrat wird weitestgehend gerecht auf die Gepäckstücke verteilt. Auf zur Marschrutka. 
Einige Stunden später: Wir erreichen Bakuriani, wärmen uns in einem Restaurant, gehen auf Gästehaussuche. Sind erfolgreich (20Lari, ergo 10€ pro Nacht). Packen aus, packen uns ein, gehen raus. Suchen billige Ski-Leihe, wiederum erfolgreich. Stapfen durch Schnee, bauen Schneemänner (keine Möhren weit und breit, dafür aber Zigaretten), machen Wettrennen in hüfthohem Schnee, fallen auf die Nase. Lachen, lachen, lachen.  [Aha, das meinte Lisa damit, dass sie nicht glaubt, dass man mit 20 erwachsen sei, schließlich sei ich ja auch 20. War wohl wirklich ein Kompliment.] 
Wollen abends eigentlich Neger-Tarot spielen und unseren Wein trinken. Werden stattdessen vom Gästehausbesitzer und Patriarchen zu seinem Wein genötigt. 

Tag 2: Teile der Crew beklagen sich über Kopfschmerzen, Wein könnte Schuld tragen. Gehen Frühstücken, bestellen Brei (der war in Russland so gut), kriegen Buchweizen. Buchweizen. Gesalzen. Nicht so gut. Gehen also ohne Frühstück auf die Piste. Motivation der Skianfänger (inkl. mir): Eher gering. Egal. Mit sinkendem Hinfallrisiko steigt die Motivation. Stimmung bessert sich. Lenkmanöver werden riskanter. Kopfschmerzen verschwinden, Hunger steigt. Mittagessen: Georgisch, fettig, lecker. Angebotener Chacha (Nationalschnaps) wird abgelehnt. Mission "Stehklo in voller Skimontur" wird von der gesamten Crew erfolgreich beendet. 
Abends entgeht man dem Patriarchenschnaps nur durch Rückzug aufs Zimmer. Eigener Wein ist eh besser. Kartenspiel bringt Teile der Crew an den Rand ihrer nervlichen Belastbarkeit. Andere gewinnen. 
Tag 3: Frühstück besteht aus Omelette, man lernt aus seinen Fehlern. Frisch gestärkt macht man sich auf den Weg zur richtigen Piste (gestern das war ja der Babyhügel). Man schließt mich mit ein. Ich ist gleichbedeutend mit "blutiger Anfänger mit totaler Selbstüberschätzung". Geht nicht gut. Werde fast den (falschen) Berg runter geweht, weil man mir den Tipp "Versuchs mit Rückenwind" gab. Zuviel Rückenwind bei zu viel Eis und zu wenig Können meinerseits. Größte Demütigung seit Langem: Fahre statt mit Skiern mit Lift den Berg runter. Trost: Unten gibt’s Tiramisu. Fahren den Weg zurück ins Dorf mit den Skiern statt Taxi ("Nora, du musst das Bremsen üben!"). Ach, Bremsen? Na so was. Stelle mich relativ erfolgreich an, beim Fahren wie beim Bremsen. Erreiche Dorf ohne Beinbruch. Bin zurück auf meinem Babyhügel, fühle mich wieder sicher. Motivation: Steigend. Hinfallquote: Wieder fallend. 
Kaufen dann noch für die Rückfahrt ein. Proviant. Kommunikation innerhalb der Crew: eher mangelnd. Ergebnis: 2,5kg Mandarinen für vier Personen. 
Fazit: Schnee, Spaß, Buchweizen, Wein und Vitamine. Quasi vier von fünf Sternen!




Guten Morgen, Dekadenz! - Wieder in der Schule

Vier Wochen Weihnachtsferien, das klingt viel länger, als es tatsächlich ist. Wenn man nacheinander die Türkei, Armenien und dann auch noch die georgischen Berge bereist, gehen die nämlich ziemlich schnell rum. So stand mir gestern schon wieder der "erste Schultag" bevor: Um 7 Uhr aufstehen, durch eine eiskalte Wohnung, in eine kalte Schule...
Klingt wiederum schlimmer, als es ist. Okay, an der Grausamkeit von "7 Uhr" ist nicht zu rütteln, aber wenn man sich selbst austrickst (Wecker ins Wohnzimmer legen, da hat man die halbe Strecke durch die kalte Wohnung hin zur warmen Dusche schon hinter sich und rennt nicht wieder zurück ins Bett), durchaus schaffbar. Dann also Frühstücken. Jetzt ist es ja so, dass wir drei alle direkt von "Hotel Mama" in den WG-Zustand übergegangen sind. Da passiert es dann schon mal, dass man Montagmorgen feststellt, dass kein Brot im Haus ist und nur noch ein paar armselige Haferflocken. Fast wäre ich hungrig aus dem Haus gegangen - aber MOMENT! Da steht doch noch ein guter Batzen Schokotorte im Kühlschrank! Den hatte mir meine Mentorin am Abend davor geschenkt und getreu dem beliebten Spruch "Wenn sie kein Brot mehr haben, sollen sie doch Kuchen essen!" begann der Tag also mit einem Stück Torte!
In der Schule haben sich nicht nur die süßen kleinen Kinderchen gefreut, dass ich wieder da bin, sondern vor allem auch die "Wächterin". Das ist eine sehr alte, sehr dicke, sehr verkrumpelte Frau, die guckt, dass kein Schüler zu früh aus der Schule abhaut. Und genau die freut sich schon jedes Mal einen Ast ab, wenn ich morgens "Gamardshoba!" - also Hallo - sage. Nach einem "Willkommen zurück"-Küsschen hat sie mich gestern dann noch gefragt, wie's mir geht ("Rogor char?") und ich hab ganz routiniert, wie man das nach vier Monaten im Land halt ist, mit "Gut!" ("K'argat!") geantwortet, woraufhin sie fast in die Luft gesprungen ist vor Freude über meine unglaublichen Sprachkenntnisse.
Ähnlich begeistert über meine Sprachkenntnisse waren zwei Georgier, die ich gestern in der Visastelle der Deutschen Botschaft, wo ich wegen des Schüleraustauschs war, getroffen habe. Als ich erzählt hab, dass ich Georgisch lerne, haben sie die Frage gestellt, die Georgier dann immer stellen: "Kannst du schon Frosch auf Georgisch sagen?" Frosch. Das heißt "bayayi", wobei jedes Ypsilon wie eine Mischung aus k, r, ch und "ich hab nen Frosch im Hals" klingen muss. Wie auch immer, ich kannte das Spiel ja schon, habe mir also brav den Hals wundgekrächzt und tadaa - sie waren voll des Lobs: "Wow, du kannst das richtig gut! Viel besser als die Russen!"
Na, wenn das mal nichts ist!

Mittwoch, 11. Januar 2012

Lass mal nach Armenien fahren...

Herzlich Willkommen in Armenien!

An Silvester morgens um vier kamen Lisa und ich wieder in Tbilissi an. Ursprünglich hatten wir große Pläne für Silvester, die mit kochen, den beiden Jungs und feiern gehen zu tun hatten. Dann gab’s aber ein paar Probleme, so dass wir unsere Pläne umschmissen, und es ein sehr entspanntes Silvester mit wunderbarem Blick über ein funkensprühendes Tbilissi, Wein, Wein, Wein, richtig (!) leckerem Essen und Leuten, die wir bis dahin gar nicht bzw. kaum kannten, wurde. Aber es war immer noch Silvester und Silvester bringt nun mal mit sich, dass man an den Tagen danach erst mal ausschlafen muss.

Ein paar Tage nach Silvester kam Lara, die Dritte in der WG, aus Deutschland zurück und wir konnten unsere Ferien planen. Dies taten wir, indem wir mal kurz in Gyumri/Armenien anriefen und uns ein Nachtquartier für den nächsten Tag sicherten. So ging es Mittwochmorgen mit der Marschrutka Richtung Süden. Gyumri hat zwar etwa 150.000 Einwohner, ist aber – gerade zur Zeit des orthodoxen Weihnachtens – sehr verschlafen im Vergleich zu Tbilissi. Aufwarten konnte es allerdings mit Schnee, sodass wir unsere Tage dort vor allem mit Winterspaziergängen verbrachten.

Wenn man den Weg nicht mehr findet, einfach den Gleisen folgen - und den Ausblick genießen!



Weil es in Gyumri nicht so viel zu entdecken gibt, fuhren wir dann auch schon recht bald weiter nach Jerewan, in die Hauptstadt. Armenien und Georgien haben einige Gemeinsamkeiten (auch wenn sie gegenseitig immer behaupten, dass sie total unterschiedlich – ergo besser – sind): Ein auf den ersten Blick vollkommen unverständliches Alphabet zum Beispiel. Oder eine ähnliche Küche. Ein niedrigeres Preisniveau als Deutschland. Hauptstädte, in denen es zwar Hugo Boss, aber kein H&M gibt. Gastfreundschaft

Und damit sind wir schon beim wichtigsten Punkt, der unseren Aufenthalt in Jerewan sehr geprägt hat. Am ersten Abend saßen wir in einem Restaurant, dass eher westlich als armenisch war, aber gutes Essen hatte. Als wir gerade den Nachtisch bestellen wollten, erreichte uns eine Nachricht per Zettel, den uns der Kellner gab: „Hey Mädels! Kommt ihr zufällig aus Deutschland?...“ Wir fanden das in erster Linie lustig und antworteten, schließlich kam einer der Jungs an unseren Tisch: Eduard, Armenier, der seit 9 Jahren in Deutschland wohnt und Chirurg ist. Und am nächsten Tag unser Reiseführer wurde. Wir hatten ja keine Ahnung, was man sich in Jerewan so angucken sollte, wo man isst, wo man trinkt – wir wussten nichts, er (und seine Freunde) wussten natürlich alles und hatten zu dem ein Auto. Perfekt.

Die armenische Gastfreundschaft geht so weit, dass es uns als Mädchen und Gäste im Land auf keinen Fall erlaubt war, auch nur ein Glas Wasser selbst zu bezahlen. Das mag jetzt vielleicht finanziell gesehen gut klingen, ist aber in Wirklichkeit doch eher unangenehm, weil wir natürlich viel mehr verdienen als der durchschnittliche Armenier. Wir hatten jedoch erstens wirklich keine Chance, das abzulehnen, und zweitens ist Eduard wie gesagt Chirurg, das hat unser schlechtes Gewissen ein wenig beruhigt.

So gerieten wir jedenfalls total zufällig an perfekte „Guides“, die uns zu wichtigen Denkmälern (als Gegenstück zur Mutter Georgiens gibt’s natürlich auch eine Mutter Armeniens), Orten (Gedenkstätte für den Genozid zum Beispiel) und guten Restaurants führten.

Im Niemandsland zwischen Armenien (links) und Georgien (rechts)
Schon nach knapp vier Tagen war unser Spontanurlaub auch schon wieder vorbei, aber dafür, dass wir vollkommen uninformiert losgefahren waren, was das auch vollkommen in Ordnung. Armenien ist von Georgien aus echt unkompliziert zu erreichen, das Visum kauft man für 6€ an der Grenze, die Fahrt dauert etwa 4 Stunden, eigentlich nicht viel anders, als wenn wir nach Westgeorgien fahren würden. Demnach habe ich fest vor, im Sommer nochmal rüber zu fahren. 

Rein in die Türkei und wieder raus


Wenn ich eine begrenzte Wortanzahl für Istanbul hätte, würde ich mich wohl für Schlüsselbegriffe wie Döner, Sonnenschein, Tee, Meer, Shisha, Dachterrasse, Leute aus aller Welt und vor allem Spaß entscheiden.

Wenn ich ein paar mehr Wörter zur Verfügung hätte, kämen noch Schlägerei, ein paar Regentropfen, seekrank und unzuverlässige Couchsurfer vor.

Weil ich aber mein absolut eigener Chef bin – zumindest in den weiten Welten des Internets und dieses Blogs –, brauche ich mich nicht auf wenige Worte begrenzen und kann einfach mal drauf los erzählen.

Die Idee für eine Istanbulreise hatten Lisa (Mitbewohnerin) und ich schon vor einigen Wochen. Wir wussten, dass wir an Weihnachten nicht nach Deutschland fliegen wollten, und wir wussten, dass wir eigentlich auch nicht in Tbilissi bleiben wollten. Was bietet sich also an? Richtig, fundierte Reiseforschung mit km-Angaben von „Google Maps“, Klimadiagrammen von „Wikipedia“ und den Preisen von „ebookers.com“. Unsere Ideen reichten von der Türkei über Griechenland bis nach Israel – letztendlich machte Istanbul das Rennen: Nicht zu weit weg, nicht zu kalt, und vor allem günstig – eine Busfahrt kostet lediglich 50$, was im Reisebudget eines kulturweit-Freiwilligen durchaus drin ist.
Der Plan stand also, zumindest die Eckdaten waren uns schon früh klar: Mit dem Bus hin (etwa 25 Stunden Fahrt), dann ein paar Tage Couchsurfen, mit dem Bus zurück. Irgendwann erzählten wir den Jungs von unserem Plan und die Reisegruppe verdoppelte sich spontan auf vier hochmotivierte Freiwillige. Wir erweiterten den Plan um „die erste Nacht gehen wir ins Hostel“ und waren ansonsten begeistert von unserer Planlosigkeit.


Am 22.Dezember ging es dann vormittags los: Mit dem Taxi zum Busbahnhof, Verpflegung einkaufen, die grandiose Idee „Komm, wir machen jede Stunde ein Foto von uns“ haben und nach einer Stunde wieder vergessen, „Neger Tarot Sucht“ verbreiten (ich) beziehungsweise bekommen (die anderen drei), Shakira-Musikvideos und wahlweise dreimal hintereinander „Ice Age 3“ oder „Sherlock Holmes“ gucken (jeweils auf Türkisch natürlich), sich Kartentricks von Sitznachbarn zeigen lassen, schlafen und dabei unvorteilhaft fotografiert werden, grandiose Aussichten,... Die Fahrt wurde mit jeder Stunde besser, bis der erste Tag im Bus sich mit einem wunderschönen Sonnenuntergang am Schwarzen Meer verabschiedete.

Am nächsten Tag fuhren wir noch bis mittags weiter – schließlich musste die gesamte Türkei durchquert werden. Kurz vor dem Ziel erreichten wir die mysteriöse Stadt „Izmir/Izmit“, und kurz vor dem Ziel wurde es grau, grauer, am grauesten. Regen. Regen. Regen?! Da hatte Wikipedia uns aber was anderes versprochen! Etwas nass und dementsprechend ungeduldig fielen wir in Istanbul angekommen dann auch gleich auf den ersten „Special Price for you, my friend!“-Kandidaten rein, ein Verkäufer, der uns ein Taxi zum Freundschaftspreis vermittelte. Leider galt seine Freundschaft offenbar eher dem Taxifahrer als uns (was angesichts der Tatsache, dass er uns seit fünf Minuten kannte, ja auch nicht verwerflich ist) – jedenfalls zahlten wir viel zu viel. Kann man ja nicht wissen, dass es in dieser Stadt besser ist, auf ein Taxameter zu bestehen, in Tbilissi macht man das ja auch nicht!
Kurze Zeit später erreichten wir jedenfalls unser Hostel, bezogen unsere Betten im gemütlichsten 20-Betten-Schlafsaal, den ich je gesehen habe, und waren bereit für Türken, Döner und Tee – für Istanbul.

Ich kriege die Tage in Istanbul nun wirklich nicht mehr chronologisch zusammen, wäre aber auch eher uninteressant, denke ich. Also komme ich nochmal auf die Worte vom Anfang zurück:
„Döner, Sonnenschein, Tee, Meer, Shisha, Dachterrasse, Leute aus aller Welt und vor allem Spaß“


Döner? Ohja, aber hallo! Gestern habe ich im „Unnützen Wissen“ der NEON gelesen, dass es in Berlin mehr Dönerbuden gibt als in Istanbul. Ich war in meinem Leben (ein paar) mehr Tage in Berlin als in Istanbul, aber offenbar war ich da jeweils in den falschen Ecken. In Istanbul gibt es nämlich unglaublich viele Dönerbuden und ich fand sie die ersten Tage auch richtig gut. Dazu kommt, dass an jeder Straßenecke frischer Orangen- und vor allem Granatapfelsaft verkauft wird, was ja mal wirklich eine richtig gute Idee ist, die man auch in Tbilissi mal einführen könnte. Nach etwa drei Tagen Döner tauchten wir dann noch in andere Ecken der türkischen Küche ein: Auch Pide, Köfte & Co. konnten überzeugen.

Sonnenschein? Ja, am ersten Tag war es nicht gaaanz so toll. Aber danach hatten wir ausnahmslos jeden Tag super Wetter, es war ein bisschen wärmer als in Tbilissi (ich vermute um die 10°), und am letzten Tag saßen wir stundenlang auf einer Wiese ohne Jacke. In den Weihnachtsferien! Man darf Wikipedia also doch glauben.

Tee? Chai! Eine unserer ersten Erfahrungen war eine spontane Tee-Einladung von einem Ledergeschäftsbesitzer. Okay, eigentlich wollte er uns Jacken verkaufen, aber den Tee bekamen wir trotzdem, obwohl wir uns natürlich keine der „echten“ Lederjacken leisten konnten, nicht mal ansatzweise. Ich finde diese Mentalität „Lass erst mal nen Tee trinken“ richtig angenehm. Wir hatten ja für einen Städtetrip ziemlich viel Zeit und das war echt super, weil wir die gemütliche Mentalität sofort übernahmen und so einige Stunden bei einem Tee/Kaffee/… in Cafés bei einer Runde Neger Tarot verbrachten.



Meer? Jaaa:) Istanbul liegt ja bekanntlich an der Schnittstelle zwischen Schwarzem und Mittelmeer und von unserem Hostel aus war man zu Fuß in fünf Minuten am Meer. Für mich persönlich ist Meer – unabhängig von der Jahreszeit – gleichbedeutend mit Urlaub und eigentlich auch mit Glück, Freiheit und Zufriedenheit. Also nutzten wir das Meer. Ob für Fotosessions, für spontane nächtliche Sprünge in selbiges, für Papierschiffchen fahren lassen, für Spaziergänge, für Weintrinken… Meer kann einfach alles. Ich kann mich in diesem Jahr eigentlich wirklich nicht über einen Mangel an Meer beschweren – ich hatte es in Skandinavien, Frankreich und Italien im Sommer, in Petersburg und Helsinki im Winter und ich hab es auch in Georgien theoretisch nicht allzu weit dahin – aber Meer kann man trotzdem nie genug haben.

Shisha? Lecker! Istanbul hat nicht nur Dönerbuden sondern auch unzählige kleine Bars und Cafés, wo man bei einer leckeren Shisha entspannen kann. In Tbilissi ist das nicht so üblich und auch viel teurer als in der Türkei, also nutzten wir unsere Chance, lernten (einigermaßen vergeblich in meinem Fall) Rauchringe, entspannten, entspannten… und schliefen nach „anstrengenden“ Tagen auf dem Basar auch schon mal in einer besonders gemütlichen Bar ein (okay – das ist natürlich wieder nur mir passiert).

Dachterrasse? Überhaupt Dächer, richtig wichtig in Istanbul. In unserem Hostel konnten wir mit Blick über den Bosporus und die ganze Stadt frühstücken, bei unseren Streifzügen durch die Stadt fanden wir ein Hinterhofdach, das einen noch besseren Ausblick bot und schließlich schliefen wir zwei Nächte bei „Shorty George“, einem Couchsurfer und wahrem Retter in der Not, der zwar eine Kellerwohnung, aber dafür eine Dachterrasse hat, die eigentlich die bisherigen Ausblicke noch toppte und perfekt zum Frühstücken und „in Geburtstag rein feiern“ ist. Unsere Terrasse in Tbilissi ist zwar allein schon deswegen gut, weil sie existiert, aber außer für kurze Raucherpausen eher ungeeignet für alles andere. Sie ist klein, wackelig (wie Kai, der vorher hier gewohnt hat, uns zeigte… „das sind Dinge, von denen ich keine Ahnung haben will…“ ;-)), und vor allem laut. Aber hey, Terrasse ist Terrasse und überhaupt, ich schweife ab.

Ich, Lisa, Jasper, Lukas und Pablo aus Argentinien
Leute aus aller Welt? Jap. Das war nämlich so: Wir wollten ja nur für eine Nacht ins Hostel und ich hatte vorher diverse Couchsurfer angeschrieben, und auch einige Zusagen. Spontane Absagen kommen beim Couchsurfen vor und sind immer unangenehm, aber in Istanbul erlebten wir Absagen der ganz besonderen Art: „Meine Schwester hat gestern ihr Kind bekommen und jetzt ist die gesamte Verwandtschaft im Haus!“, „Ich habe mir einen Hund gekauft, der ist wilder als erwartet – geht leider nicht!“ und so beschlossen wir jeden Abend aufs Neue, das Couchsurfen auf den nächsten Tag zu verschieben. Im Hostel blieb irgendwie alles beim Alten, es bildete sich über die Tage eine mehr oder weniger feste Gruppe, bestehend aus Leuten aus den USA, Italien, Argentinien, Libyen, Frankreich… Ich mag es, unterschiedliche Leute kennenzulernen. man trifft auf die verschiedensten Lebensentwürfe, man entdeckt unerwartete Gemeinsamkeiten (der Italiener wollte weiter nach Sofia, ein paar Tage in das alte Künstler-Drogen-Hostel, dass ich 2009 nachts dort zufällig entdeckt hatte), man verbringt die Tage in wechselnder Besetzung, man feiert Weihnachten zusammen…

…und vor allem Spaß! Es war nicht so, dass immer alles klappte, aber wir haben einfach während den Tagen so viele unerklärliche Lachkrämpfe gehabt. Und irgendwie gelernt, dass der Weg zum Spaß manchmal einen Umweg braucht: Es war schon recht später Abend, wir wussten, an welcher Bushaltestelle wir unseren „Host“ für die Nacht treffen sollten. Was wir nicht wussten, ist, dass diese Bushaltestelle 40km Stadtautobahn vom Zentrum entfernt liegt. Aber okay. Dort angekommen riefen wir den Host an, damit er uns abholen sollte. Kleines Problem: Er hatte sein Handy ausgeschaltet. Mittlerweile war es schon gegen Mitternacht, wir hatten kaum noch Guthaben und keine Möglichkeit, ihn zu erreichen. Zum Glück hatten wir uns für alle Fälle noch die Nummer eines zweiten Couchsurfers aufgeschrieben: „Shorty George“, der uns tatsächlich mitten in der Nacht noch aufnahm – und dann gleich für zwei Tage. So kommt man über Umwege zum perfekten Host und eben jeder Menge Spaß.

Grenze zwischen Türkei und Georgien

Jetzt habe ich nicht viel über die Stadt an sich geschrieben, aber für Istanbul gibt es nun wirklich genügend Reiseführer. Genau wie schon Moskau, Petersburg und Helsinki kommt es auf meine „War ich, muss ich nochmal hin“-Liste. Jedoch nicht, weil ich nur kurz da war, es war immerhin eine Woche. Aber Istanbul gehört zu den Städten, wo man hinter jeder Straßenecke noch etwas entdecken kann. Ja, ich habe die Blaue Moschee, die Hagiya Sofia, die Zisternen, die „Asian Side“ und all so was gesehen und auch wirklich schön gefunden. Aber Istanbul ist eine Stadt, wo ich Tage damit verbringen kann, rumzustreunern. Ich habe diesen Sommer viele Hauptstädte besichtig und ich glaube, dass man keine Hauptstadt der Welt in einer Woche „kennenlernen“ kann, sicher nicht. Aber Istanbul ist einfach nochmal eine Spur verwinkelter und überraschender als zum Beispiel Kopenhagen.

Ich merke gerade, dass ich noch ewig weiterschwärmen könnte. Ich könnte auch noch die paar negativen Worte erklären, aber letztendlich überwiegen eh die guten Dinge, also lass ich das mal. Und ich merke, dass dieses Worddokument auf Seite Vier angekommen ist. Ich denke mal, das reicht. Es war ein toller Urlaub, mit tollen Leuten, einer tollen Stadt… Fahrt hin, guckts euch an! 

Mittwoch, 4. Januar 2012

Ich bin dann mal (wieder) weg...

"Umgangssprachlich bezeichnet Spontaneität (von frz. spontanéité zu spätlat. spontaneus von spons „eigener Wille, Antrieb“; auch: Spontanität)
  • unwillkürliche mentale Vorgänge
  • eine Charaktereigenschaft, die jemanden häufig unerwartet agieren lässt
  • die entsprechende Eigentümlichkeit einer einzelnen Handlung"
 So, nach drei Tagen intensivem "von Istanbul und Silvester erholen" starte ich jetzt mit Vollgas ins neue Jahr:
Gestern haben wir beschlossen, dass Armenien doch ganz interessant sein könnte. Heute überprüfen wir diese These, Sonntag sind wir wieder da. Mal sehen, ob wirs diesmal schaffen, ohne Personalverluste wieder zurück nach Tbilisi zu kommen...

Montag, 2. Januar 2012

2012 -die erste!

Es ist der 2.Januar 2012, später Vormittag. Ich bin auf dem zwei-Minuten-Rückweg vom Bäcker, habe ein warmes Kellerbrot in der Hand, aus dem Taxi neben mir schallt eine sehr... abenteuerliche Version von Jingle Bells.

Weihnachten ist noch lange nicht vorbei, Leute! // Nicht, bevor ich meinen Christstollen habe!

Es gab hier keinen "Frohe Weihnachten!"- Post, weil ich Weihnachten nicht zu Hause war, sondern für eine Woche Döner&Sommergefühle in Istanbul genossen habe.

Das hier ist jetzt also der "Frohes Neues!"-Post. Ein bisschen ists grad wie letztes Jahr um diese Zeit. Da wusste ich bis ungefähr Mai, was mich erwartet, danach war ein großes Fragezeichen, für das ich nur sehr wage Antwortmöglichkeiten hatte. "Kulturweit" war eine davon, Georgien kam in meinen Gedanken nun wirklich nicht vor. Jetzt gerade weiß ich, dass ich bis ungefähr Mitte Juni arbeiten werde, dass mich der Reihe nach Solli, Papa und Caro besuchen werden (ihr seht, Leute, da ist noch Platz im Besucherkalender;)), dass ich im Juli mit anderen Freiwilligen mit dem Fahrrad von Serbien nach Rumänien fahren werde, dass ich mich danach dann irgendwie, irgendwann, mit wem auch immer auf dem Landweg Richtung Deutschland aufmachen werde. Dass ich dazwischen gerne noch Armenien, Aserbaidschan, vielleicht sogar den Iran und vor allem alle anderen Ecken Georgiens angucken will. Joa. Und dann? Dickes, fettes Fragezeichen, auf dass es einfach mal tausende Antworten geben könnte, von denen einige mit Berlin, andere mit Bayreuth/Moskau, wieder andere mit "Studieren? Auf keinen!" zu tun haben. Man darf gespannt sein, ich bin es.

Also: FROHES NEUES!